Demo-Aufruf

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„Für eine herrschaftsfreie Perspektive!“

Woran denken wir, wenn wir nach Griechenland blicken?
Denken wir dabei an Zahlen, die ständig in den Medien kursieren, wie z.B. 49 Millionen Euro, den aktuellen Kredit, der von EU-Kommission, IWF und EZB vergeben wurde, an Schlaglichter wie Schuldenrückkauf, Steuerreform oder Spardiktat? Oder lassen wir uns von diesen Zahlenspielen und den alleinigen Fokus auf die wirtschaftliche Situation den Blick vernebelt?

Werfen wir einen Blick auf die Situation in Griechenland:

Seit Anfang 2010, also dem Beginn des Spardiktats der Troika, sind die realen Löhne innerhalb eines Jahres um 31 % gesunken, die Arbeitslosenrate stieg bis März 2012 auf ca. 23 %. Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung haben nur zwei Drittel der Bevölkerung.

Gänzlich ausgeschlossen von der Gesundheitsversorgung sind Menschen ohne Papiere. Die Situation der ca. eine Millionen in Griechenland lebender Geflüchteter und Migrant_innen verschlimmert sich zunehmend. Es gibt bereits um die 6000 Abschiebezentren und weitere sollen folgen. Die Errichtung der “geschlossenen Gastfreundschaftszentren” wird von der EU mit 250 Millionen Euro gefördert. Um Illegalisierte besser auszuspüren, festzunehmen und abzuschieben, finden seit Sommer 2012 unter dem Namen “Operation Xenios Zeus” (“Operation gastfreundlicher Zeus”) landesweit Razzien statt. Wenig verwunderlich ist da, dass die Betroffenen nicht selten Opfer von Polizeigewalt werden. Illegalisierte, Geflüchtete und Migrant_innen sind allerdings nicht nur rassistisch motivierter Polizeigwalt, sondern auch Angriffen der paramilitärisch agierenden neo-faschistischen Partei Chrysi Avgi ausgesetzt, deren Übergriffe nicht verfolgt werden, da sie oftmals mit der Polizei zusammenarbeiten und gute Beziehungen zu Polizeibeamten pflegen. Die Chrysi Avgi, die im guten Kontakt mit der NPD steht, ist ein großer Anteil der Erstarkung des Neo-faschismus zuzuschreiben. So führt die Krisensituation im Zusammenspiel mit der aktiven Unterstützung der Chrysi Avgi durch den Staat zu einem enormen Rechtsruck. Auch Deutschland trägt seinen Teil mit Fortbildun- gen und materieller Unterstützung der griechischen Polizei zur steigenden Kontrolle und Repression bei. Die dadurch immer stärker werdenden Repressalien treffen vor allem auch die Widerstandsbewegung. Neben Menschen ohne Papiere rückt besonders die anarchistische, anti-autoritäre Bewegung immer mehr in den staatlichen Fokus.

Was führte zur Krise?
Es herrscht die Meinung, dass die von der sog. “Eurokrise” am stärksten betroffenen Staaten selbst Schuld seien an ihrer Lage – die absurde Propaganda von “den faulen Griechen” wurde breit gestreut und angenommen. Die Antwort der Politik auf die Tatsache, dass in den Staatskassen das Geld knapp wird, ist einfach und direkt: Es muss gespart werden wo es nur geht und das sicherlich nicht dort wo es die Interessen der sogenannten Geberländer beeinträchtigt. Sondern an dem, was uns als “Sozialstaat” verkauft wird – Lohnkürzungen, Entlassungen, Privatisierungen, Kürzungen von Arbeitslosengeld und Rente werden als gerechtfertigt verstanden. Diese Entwicklungen betreffen weitaus nicht nur Griechenland – Ähnliches zeichnet sich derzeit im gesamten südeuropäischem Raum ab.
Dass wir hier von solchen Entwicklungen ebenso betroffen waren und sind, scheint vergessen – dass die hochgelobte “wirtschaftliche Stärke” Deutschlands ein Resultat aus solchen Maßnahmen ist, interessiert nicht. Hartz4, prekäre Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit
werden als notwendige Maßnahmen dargestellt. Dabei profitierte das deutsche Gesamtkapital gleich doppelt, einmal durch den Verkauf der deutschen Waren und andrerseits durch die bereitgestellten Kredite.
So analysierte die griechische Stadtguerilla-Gruppe Revolutionärer Kampf (“Epanastatikos Agonas”) die Situation wie folgt: “Griechenlands Rolle in Europa war schon immer die eines Marktes für europäische Produkte (…) der kleine griechische Markt war darauf angewiesen, so viele Güter aus der `Eurozone` zu konsumieren, wie er konnte. Die Annahme, dass `Europa Griechenland ökonomische Sicherheit bietet`, ist nichts als eine monströse Lüge. (…) Griechenland wurde durch die EU gezwungen, Wachstum durch Kredite entstehen zu lassen (…)”
Einer der größten deutschen Profiteure der Krise ist die Deutsche Telekom durch ihre teilweise Übernahme des vorher staatlichen griechischen Telekommunikationskonzerns OTE. Als sie den Konzern aufkaufte, wurden 2000 Angestellte gekündigt. Die Resultate der Privatisierung des Konzerns OTE durch die Telekom sind eines von vielen Beispielen, bei denen unter anderem deutsche Firmen immense Profite schlagen.
Entsprechend wurden OTE/Telekom in Griechenland wie auch in Deutschland Ziel von Angriffen – als Zeichen kämpferischer Solidarität wurden z.B. in Berlin und Hamburg diverse Male Autos der Telekom AG angezündet, in Athen wurde ein Teil des OTE-Fuhrparks ein Opfer von Flammen.

Der ganz normale Wahnsinn
Die Krisen des Kapitalismus sind aber nur die Phasen, in denen die brutalen Verhältnisse, die er produziert, am offensten zu Tage treten. Es ist ein System, das auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert – ob Krise oder nicht, Kapitalismus bedeutet alltägliche Gewalt. Unsere Perspektive muss daher die Initiative des Angriffs auf die Strukturen sein, die dieses gewalttätige System aufrecht erhalten – die soziale Revolte.
Die soziale Revolte ist aber nicht das Werk von Revolutionären allein. Sie ist sozial, weil sie die gesellschaftlichen Herrschaftsstrukturen und die Akteure, die diese am Leben halten, in Frage stellt. Gerade die soziale Krisensituation, die zurzeit in Griechenland vorherrscht, lässt aber auch viele Menschen auf ohnehin schon bestehende Feindbilder zurückgreifen. Diese Feindbilder werden in die gesellschaftliche Situation projiziert und der Erklärung komplexer Sachverhalte vorgezogen.

Solidarität mit den selbstorganisierten Kämpfen
In Folge der Dezember Revolte 2008 haben sich selbstorganisierte Kämpfe in Griechenland weiter verbreitet und entwickelt. Neben lokalen Strukturen wie autonomen Stadtteil-Versammlungen und Tausch- und Umsonst-Initiativen gibt es auch viele spezifische Kämpfe, wie zum Beispiel aktuell der Widerstand gegen Goldminen in Chalkidiki. Viele haben das Schauspiel der Politik durchblickt und ihr den Rücken gekehrt, denn sie geben nichts mehr auf ihre leeren Phrasen und Versprechungen.
Allgemein ist eine hohe Präsenz herrschaftsfeindlicher Ideen auf der Straße zu sehen. Auch der aktive Angriff auf den Staat und die Herrschaftsstrukturen hat sich verschärft. Heftige Zusammenstöße mit den Bullen, sowie eine Vielzahl militanter Angriffe sind kontinuierlich. Aber auch die Repression hat sich verstärkt. Die aktuellen Angriffe auf die Infrastruktur der Bewegungen in Form von Räumungen der besetzten Häuser und Zentren sind dabei die neuste Entwicklung. Im Zuge der Räumung der Villa Amalias im Dezember 2012 sind ua. auch 2 Genoss_innen aus Kiel festgenommen worden. Der daraus entstandene Solidaritätskreis besteht weiter und ist auch Teil der Initiative dieser Demonstration.
Aktuell sitzen über 25 Menschen mehrjährige Haftstrafen für ihre Kämpfe ab. Es laufen außer- dem noch unzählige Verfahren und Ermittlungen unter anderem gegen die Mitglieder, sowie Beschuldigte der Stadtguerilla Organisationen “Revolutionärer Kampf” und “Verschwörung der Feuerzellen”.
Trotz der schwierigen sozialen Situation und kontinuierlicher Repressionsschläge, die die Lage für viele Kämpfende schwierig gemacht haben, wird der Kampf gegen Staat, Kapitalismus und jegliche Autorität fortgesetzt.
Wenn wir nach Griechenland blicken und die Menschen auf der Straße sehen, ihre Worte hören und lesen, sind es die Ideen gegen jede Herrschaft, das Verlangen nach einem selbstbestimmten Leben in Freiheit, mit dem wir uns verbunden fühlen und das auch hier unser Antrieb, unsere Perspektive ist.
Keine Politik und kein Staat kann uns aus der Misere der unterdrückerischen Normalität retten. Wir wollen unsere aktive Solidarität demonstrieren und gleichzeitig hier die Monotonie durchbrechen und zusammen für die Freiheit kämpfen.

Deshalb kommt am Samstag, den 27.04.2013 um 15 Uhr vor die Rote Flora, Achidi-John-Platz, Hamburg!